Design wechseln

Start » Reviews » 16 Horsepower - Hoarse

16 Horsepower - Hoarse

16 Horsepower - Hoarse

CD Glitterhouse / Indigo 17.10.2014
  7 / 10

Weitere Informationen:
http://www.16horsepower.com/
http://label.glitterhouse.com/


Ich hatte einmal eine Unterhaltung mit einem Freund über Live-Alben. Er fand sie überflüssig, ich hingegen schätze ein gutes Live-Album mehr als so manche Studioaufnahme. Will ich eine Rockband lieber vor einem schwitzenden Stadion spielen hören oder Spurenweise hinter einer Plexiglaswand? 16 HORSEPOWER habe ich seinerzeit verpasst, zu sehr klang der Name mir nach Redneck-Rock. Da ist es schön, die Band anlässlich einer erstmaligen Vinyl-Pressung nachholen zu können. Zu 180g Doppel-Vinyl gibt es noch die CD mit neuem Artwork dazu, welche ich zur Rezension bekommen habe. „Hoarse“ ist schon 1998 auf CD erschienen und zeichnet das Bild einer eingespielten Einheit bei fesselnden Live-Auftritten. Richtig, das hier ist zusammengestellt aus mehreren Auftritten, was man nicht unbedingt merkt. Wie man auch außer durch den Jubel zwischen den Liedern nicht viel vom Live-Charakter bemerkt, keine Ansagen oder ähnliches. Ich kenne zwar nicht die Studio-Aufnahmen und habe daher keine Möglichkeit zu vergleichen, kann aber zumindest sagen, dass dieser Rahmen der Stimmung nicht schadet. Zuviel Partylaune hätte die düsteren Songs vielleicht unnötig kontrastiert.

So walzt sich die Band durch 11 windschiefe Country-Rock Stücke, mit Quetschkommode und Streichinstrumenten, mit Banjo und verzerrter E-Gitarre. Sämtliche Stilmittel aus dem Americana-Instrumentarium kommen hier gekonnt zum Einsatz, nicht als Selbstzweck, sondern immer passend zur Musik. Nacheinander schaffen diese Lieder ein finsteres Ambiente, mit schönen, dynamischen Arrangements und dem richtigen Quäntchen Druck extra an den richtigen Stellen, damit es nicht nur herunterzieht, sondern auch rockt. Keine Frage, das ist hier teilweise reinste Cowboy-Musik, wer das nicht mag, wird den Saloon bald wieder verlassen und in den Sonnenuntergang reiten, aber es ist kein fröhliches Hillbilly-Geklimper; dafür ist es zu tragisch. Und die bedeutungsschwangere Intonation des Sängers verstärkt das ohne Frage, frei nach Mark Twain: Christ zu sein, bedeutet, an den Teufel zu glauben. Das ist eine von David Eugene Edwards' umstrittenen Eigenheiten, seinen Aberglauben in die Musik mit einfließen zu lassen. Dazu kann man stehen wie man will, in diesem Falle trägt es ein alttestamentarisches Pathos in die Songs, das ihnen gut steht. Drei Songs sind übrigens Covers, fügen sich aber gut ein, und bei dem GUN CLUB-Song „Fire Spirit“ sorgt zusätzlich Bertrand Cantat von NOIR DÉSIR für einen zweistimmigen Katzengesang. Der Typ kommt wohl immer sofort angerannt, wenn der Name seines Idols, Jeffrey Lee Pierce, fällt. Passt aber hier ganz gut.

Bei manchen Passagen finde ich die Melodramatik etwas zu dick aufgetragen, ansonsten kann man mit dieser Platte sicher nichts verkehrt machen. Vor allem als Einstieg fand ich sie gut. Eine Platte für schwermütige Regentage und zum intensiven mehrmaligen Hören.

Geschrieben von King Kraut am 27.10.2014, 14:38 Uhr


Teilen:                    

Kommentieren



Weitere interessante Reviews

FAREWELL SIGNS - dead body language

Es ist immer wieder erstaunlich, dass aus Bayern so geile Musik kommt, bei so schwierigen Voraussetzungen (CSU, Freie Wähler, Katholisch, Konservativ...) !!! Allerdings veranstaltet auch Pumuckl...

Weiterlesen

SURREAL FATAL - FUGE

Warum schreit die den so? Hat die schlechte Laune? Sie hat auf jeden Fall was zu sagen. Sie, das ist die Sängerin der Band, die auf den zwölf Songs alles gibt. Genau wie ihre Bandkollegen....

Weiterlesen

TAME THE ABYSS - THEY LIVE AGAIN!

Wenn man viele Jahre mit Musik zu tun hat, sei es als Liebhaber, Konzertgänger, Journalist oder als Fanziner so wie ich, dann kommt man an Sätzen nicht vorbei, wie: “Die Musik ist doch schon...

Weiterlesen

4 PROMILLE - ZEITGEIST

“Das Licht geht aus, der Spot geht an - 4 Promille sind wieder da“. Nach einem eher durchwachsenen letzten Album, kommt nun mit “Zeitgeist“ ein neues Album der Oi-Punk-Band aus...

Weiterlesen

ANTILOPEN GANG - ALLES MUSS REPARIERT WERDEN

Es ist so schön, das Leben ist schön. Leider gibt es nur ein ganz kleines Problem Und das bist du, einfach nur du Das Leben wäre schon besser, ohne die Anderen. Nun haben ANTILOPEN...

Weiterlesen

MC5 - HEAVY LIFTING

Ich habe gerade ein Zittern in den Händen. Es passiert nicht oft, dass ich ein neues Album von einer Band in der Hand halte, welche sich im Jahr 1964 (!) gegründet hat und seit über 50 (!)...

Weiterlesen